In der Raumbegrünung werden aus verschiedenen Gründen meist Flüssigdünger zur Ernährung der Pflanzen eingesetzt.

Sie sind einfach in der Handhabung und vergleichsweise preiswert. Voraussetzung für deren Einsatz ist ein ausreichender Gehalt des Gießwassers an Calcium und Magnesium, denn Flüssigdünger können aus technischen Gründen beide Makronährstoffe nicht in nennenswerten Mengen enthalten. Teilweise gilt diese Forderung auch für Schwefel, denn auch dieser Nährstoff findet sich nicht in allen Düngemitteln.

Ein kaum beachteter aber durchaus kritisch zu sehender Punkt ist bei der Anwendung von Flüssigdüngern die Dosierung, wobei das Nährstoffangebot durch den Nährstoffgehalt des Düngers, dessen Anwendungskonzentration und durch die Häufigkeit der Anwendung bestimmt wird. Das Problem besteht darin, dass erfahrungsgemäß kaum ein Raumbegrüner weiß, wie es tatsächlich um die Konzentration der Nährstoffe in der Nährlösung bestellt ist, mit der er die Gefäße auffüllt. Jeder verlässt sich auf die Anwendungsempfehlung der Hersteller, die nicht selten allgemein gehalten und nicht auf die spezifischen Bedürfnisse in der Raumbegrünung abgestimmt ist. Außerdem, wo steht geschrieben, dass sie aus fachlicher Sicht richtig ist?

Ein aktueller Problemfall aus der Praxis hat die Problematik der Düngerdosierung erneut deutlich werden lassen. Was war geschehen? In fast allen Objekten eines Betriebes verschlechterte sich über mehrere Monate ohne ersichtlichen Grund zunehmend die Qualität der Pflanzen. Schließlich traten deutlich sichtbare Blattschäden in Form von chlorotischen Austrieben und Nekrosen an älteren Blättern mit anschließendem Blattfall

auf (siehe Abb. 1 und 2). Da diese Erscheinungen, mehr oder weniger stark ausgeprägt, in nahezu allen Objekten auftraten, musste es einen gemeinsamen Faktor dafür geben. So wurde der Verdacht relativ schnell auf die Düngung gelenkt. Die Analyse der Nährlösung von jeweils einem Referenzgefäß in 6 verschiedenen Objekten bestätigte diese Vermutung. Die Leitfähigkeitswerte lagen zwischen 2.200 und 4.890 µS,

N-Konzentrationen zwischen 8 und 447 mg/l und Kaliumkonzentrationen zwischen 273 und 1.080 mg/l. Bei einzelnen Objekten fanden sich zusätzlich auch hohe Natrium- und Chloridgehalte in der Nährlösung, die sich über die Düngung nicht erklären ließen und auf enthärtetes Gießwasser hindeuten könnten.
Gedüngt wurde mit einem „Flüssigdünger plus Kalium für Zierpflanzen in Erd- und Hydrokultur“. Die genaue Spezifikation gemäß Düngemittelgesetz lautet:
4 % N; 3 % P2O5; 7 % K2O; jeweils 0,01 % Fe,  Cu, Zn und Mn sowie 0,03 % B; 0,02 % Mo und 0,02 % Mg.

Anwendungsempfehlung für Hydrokulturen:
eine Verschlusskappe auf 3 Liter Wasser bei jedem Gießen.

Die Analyse bestätigte im Wesentlichen die korrekte Zusammensetzung des Düngers. Kritikwürdig könnte lediglich die gewählte N:P:K-Relation des Düngemittels sein. Das ausdrücklich ausgelobte „Plus an Kalium“ lässt sich aus pflanzenbaulicher Sicht nicht nachvollziehen.

Aufgrund der vorliegenden Angaben erschließt sich dem Anwender nicht ohne weiteres, mit welchen Nährstoffkonzentrationen er nun in der nach Empfehlung angesetzten Nährlösung rechnen kann. Eine Analyse könnte darüber Auskunft geben, wofür aber Kosten zwischen etwa 50 und 100 € je nach Anbieter fällig wären. Preiswerter lässt sich das Ganze auch am Schreibtisch berechnen. Dies soll nachfolgend am Beispiel des Leitelementes Stickstoff in einzelnen, leicht nachvollziehbaren Schritten erläutert werden:

Der Flüssigdünger enthält 4 % N, genauer 4 Gewichts- % N. Das bedeutet, dass 4 Gramm Stickstoff in 100 g Düngerkonzentrat enthalten sind.

Nun wird ein Flüssigdünger in der Praxis nicht wie ein Salzdünger abgewogen, sondern nach Volumen dosiert. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie viel Stickstoff in einem bestimmten Volumen des Düngers enthalten sind. Diesen Wert erhält man, indem der angegebene Nährstoffwert in Gewichts- % mit dem spezifischen Gewicht des Düngerkonzentrates multipliziert wird. Dieser liegt je nach Nährstoffkonzentration immer über dem von reinem Wasser, also größer als 1,0. Viele Hersteller geben diesen Wert bei der Produktbeschreibung an. In unserem Fall ist das leider nicht der Fall. Entweder muss der Wert dann beim Hersteller erfragt oder selbst bestimmt werden. Dazu wird eine definierte Menge Düngerkonzentrat abgemessen, anschließend gewogen und auf 1.000 ml hochgerechnet. In unserem Fall messen wir 1.154 Gramm pro Liter Düngerkonzentrat, das spezifische Gewicht ist also 1,154.

4 Gew.- % N  x  1,154  =  4,6 Vol.- % N
Es sind also 4,6 Gramm Stickstoff in 100 ml Düngerkonzentrat enthalten.

Im letzten Schritt kann nun die Berechnung der tatsächlichen N- Konzentration in der nach Empfehlung angesetzten Nährlösung erfolgen. Dies wird uns leider erneut dadurch erschwert, dass im vorliegenden Fall die erforderliche Düngermenge nicht in ml angegeben wird, sondern als „eine Verschlusskappe auf 3 Liter Wasser“. Hier hilft nur wieder die Nachfrage beim Hersteller oder folgende Vorgehensweise: 10 Mal den Inhalt der Verschlusskappe füllen und in einen Messzylinder geben. Den Wert ablesen geteilt durch 10 ergibt die gewünschte Information. In unserem Fall fasst die Verschlusskappe 9 ml. Mittels Dreisatz lässt sich nun der N- Gehalt in 9 ml Düngerkonzentrat ermitteln:

  • 100 ml Konzentrat enthalten  4,6 g N oder 4.600 mg N
  • 9 ml Konzentrat enthalten (4.600 : 100) x 9 =  414 mg N

Diese N- Menge wird laut Empfehlung auf 3 Liter Wasser verdünnt, also         414 : 3 = 138 mg N/l.

 Die fertige Nährlösung enthält also 138 mg N pro Liter.

Für Pflanzen in der Raumbegrünung wird ein Wert von etwa 70 mg N/l als ausreichend angesehen, wenn die Gefäße bei jedem Gießen mit Nährlösung aufgefüllt werden. Im vorliegenden Fall liegt der Wert etwa doppelt so hoch und dürfte zumindest mit eine Erklärung für die im Verlauf der Zeit immer stärker zutage getretene Überdüngung gewesen sein. Das gut gemeinte zusätzliche Plus an Kalium hat die Situation zusätzlich verschärft, wie die Ergebnisse der Nährlösungsanalyse aus den Gefäßen bestätigen.

Fazit
Misstrauisch sein!
 Nie der Anwendungsempfehlung der Hersteller vertrauen, sondern selbst das Nährstoffangebot berechnen oder eine Probe der fertigen Nährlösung untersuchen lassen.